im Schlossgarten

 

 

 

 

 

 

 

schau genau hin,  

diese Welt ist auch nur das, was Du in ihr siehst :-)   

 

Es war einmal - oder ein Leben wie im Märchen 

 

Es war einmal eine kleine Prinzessin, ihr Name war Noci. Eigentlich war es gar keine richtige Prinzessin, denn ihr Vater war weder reich, noch war er ein König.

 

Aber das wusste sie nicht.

 

Und selbst, wenn sie es gewusst hätte, dann hätte es sie nicht gestört. Denn wenn sie mit ihren blonden Locken durch die Blumenwiesen an ihrem Haus schlenderte, hatte sie das Gefühl, dass ihr die ganze Welt gehört. Und immer, wenn sie singend zurück nach hause lief, hatte sie einen bunten Blumenstrauß gepflückt, gerade ebenso groß, dass ihre kleinen Händchen ihn noch fassen konnten. Diesen ver­schenkte sie dann, weil ihr gehörten ja die ganzen Wiesen, den anderen nur leere Vasen. Und immer freuten sich die anderen und erwiderten ihr fröhlich strahlendes Lachen.

Und weil sie so glücklich war, alles hatte, was sie haben wollte, ihr jeder Wunsch erfüllt wurde, konnte sie doch nur eine kleine Prinzessin sein, oder?   

 

Vielleicht lag es auch nur daran, dass sie so wenig Wünsche hatte und wenn, dann waren es ganz bescheidene. Noci freute sich schon über die Sonne am Himmel, ein freundliches Wort, einen liebe­vollen Blick, streichelnde Hände, ja sogar Wind und Regen konnten sich glücklich machen. Dass ihre Wünsche so bescheiden waren, das merkte sie erst viel später …

 

Wie alle kleinen Prinzessinnen spielte auch Noci gerne mit anderen Kindern. Doch sie merkte schnell, dass sie irgendwie anders war. Die anderen teilten nicht gerne. Sie logen, stritten und bekämpften sich manchmal gegenseitig. Aber das waren ja auch keine kleinen Prinzessinnen …  

 

Noci verschenkte so gerne. Alles, was sie hatte, und ihr Herz sowieso.  

Oft hat sie ihre Schokolade an alle Kinder verteilt und selber nichts mehr abbekommen. Doch das störte sie nicht. Nicht, dass sie keine Schokolade mochte, aber sie wusste, sie würde ja bald wieder von irgendwo her neue geschenkt bekommen.  

Nur ihre Eltern, die schüttelten manchmal mit dem Kopf, wenn sie ihnen davon erzählte. Das verstand sie nicht. Noch nicht.   

 

Ihre Eltern liebten sie, das spürte sie. Sonst freuten sie sich immer über alles, was Noci tat und erzählte. Nur dieses Kopf­schütteln, das strahlte keine Freude aus, warum nicht??

Das Verschenken konnte nicht schlecht sein, die anderen Kinder freuten sich schließlich auch darüber. Dann muss es also das Erzählen gewesen sein. Über manche Dinge sprechen die Erwachsenen nicht, das hatte Noci schon mitbekommen.

Vielleicht war das der Moment, wo Noci beschloss, nicht mehr alles zu erzählen. Statt dessen malte sie sich ihre Gefühle und Erlebnisse von der Seele. Und ihre Bilder waren wie die Blumen, die sie verschenkte: sie zauberten ein Lächeln auf die Gesichter der Menschen um sie herum.

Vielleicht lag es auch nur daran, dass Noci noch so klein war.

 

Wie alle kleinen Prinzessinnen wurde auch Noci größer. Sie ging zur Schule und konnte nicht mehr die ganzen Tage in den Blumenwiesen vertrödeln. Die Schule brachte Spaß, aber nun waren es immer die gleichen Kinder um sie herum. Noci konnte sich nicht mehr so viel zurückziehen und sich aussuchen, mit wem sie ihre Zeit verbrachte. Aber das war auch spannend, weil die anderen Kinder ja alle so anders als sie selber waren.

Auch diese Kinder logen, stritten und bekämpften sich. Das schien irgendwie ganz normal zu sein, so, als wäre es ein Spiel, was sie spielten. Und weil Noci auch gerne spielte, lernte sie es. Schließlich war sie nun in der Schule und da ist man, um zu lernen. Sie beherrschte die Regeln sehr schnell und konnte mühelos mit­spielen. Obwohl, eigentlich spielte sie gar nicht mit, sondern sie spielte mit den anderen.

Immer wieder ließ sie Mannschaften gegeneinander antreten und sich bekämpfen. Das war ganz einfach, sie brauchte nur deren Lügen weiter  

zu erzählen.

Nur sie selber genoss diese Art zu spielen lieber in der Rolle des Zuschauers. Und sie passte auf, dass nur die Starken mitspielten. Wurde trotzdem mal einer der ganz Schwachen angegriffen, dann stand sie ihm sofort bei und beschütze ihn.

Aber sie war ja auch eine kleine Prinzessin …

 

Oder war sie das gar nicht mehr? Ihre blonden Haare wurden von Jahr zu Jahr dunkler, ihre Blumenwiesen wurden mit Häusern bebaut, sie lief nicht mehr fröhlich singend nach hause und sie wurde nicht mehr von jedem glücklich angelächelt oder einfach in die Arme genommen.

 

Eines Tages beschlossen ihre Eltern umzuziehen. Vorher teilte Noci sich ein Zimmer mit ihrer älteren Schwester, nun bekam sie ein eigenes. Aber nur ein ganz kleines. Zur Schule musste sie nun lange mit dem Bus fahren, dabei hatte sie nun eine Schule direkt vor der Tür. Doch da durfte sie noch nicht hin, sollte noch ein Jahr an der alten bleiben.

Das war alles nicht mehr das Leben einer kleinen Prinzessin. Aber sie war ja auch nicht mehr klein …

 

Und weil sie selber nun auch langsam spürte, dass sie nichts außergewöhnliches mehr war, begann sie, so gewöhnlich wie die anderen Kinder zu werden. Sie tauschte ihre weiten Röckchen gegen enge Jeans, ihre bunte Kleidung gegen graue. Sie lernte ein bisschen in der Schule und störte ein bisschen. Aber so ganz als Mittelmaß fühlte sie sich dennoch nicht wohl. Vielleicht hatte sie auch nur zu lange geglaubt, eine Prinzessin zu sein?

 

Noci wollte immer noch etwas besonderes sein. Also machte sie von nun an alles ganz besonders. Nicht besonders gut, aber immerhin besonders doll.

 

Sie störte in der Schule besonders viel, war in manchen Fächern trotzdem besonders gut, kleidete sich besonders schlecht, malte besonders viel, lief besonders schnell, aß besonders wenig und Regenspaziergänge machte sie besonders gern auf Friedhöfen.

Vielleicht war sie ja doch noch eine Prinzessin, nur eben eine verwunschene?

 

Je schlechter sie sich nach außen hin gab, umso fester glaubte sie selber wieder an die Prinzessin tief in ihr. Und eines Tages würde bestimmt jemand kommen und diesen königlichen Kern in ihr erkennen. Viel­leicht würde er sie sogar frei küssen?

 

Alle anderen Menschen waren Noci mittlerweile völlig egal. Wer ihr gutes Herz nicht erkannte, der war es auch nicht wert, von ihr ernst genommen zu werden.

Sie verstand sich prima mit Tieren, fühlte sich wohl in der Umgebung von Pflanzen, nur mit den meisten Menschen, da hatte sie so ihre Schwierigkeiten. Und so kam es, dass sie immer öfter alleine war. Die wenigen Freunde, die sie noch hatte, die waren alle irgendwie ein bisschen wie sie selber: nach außen hin rebellisch, im Herzen aber lieb, hilfsbereit und lammfromm.

 

Die Jahre vergingen, ohne dass Noci aus ihrem Dornröschenschlaf wach geküsst wurde. Und so vergaß sie langsam die kleine in ihr schlummernde Prinzessin …

 

Von den Jahren her galt Noci nun als erwachsen. Die Älteren, besonders ihre Eltern und Lehrer, würden bestimmt sagen, dass sie noch ein Kind war. Das interessierte sie aber nicht. Sie kannte ihre Rechte und wusste, dass sie nun endlich ihr Leben selber in die Hand nehmen konnte. Und das tat sie. Sie zog aus dem kleinen Kämmerlein bei ihren Eltern aus und mietete sich mit gleichgesinnten Freunden eine Wohnung.

Niemand konnte ihr nun vorschrei­ben, wie sie sich kleiden, wen sie zu Besuch haben oder wann sie zu Bett gehen sollte. Noci genoss diese Freiheit so sehr, dass sie dafür auf vieles gerne verzichtete. Wieder hatte sie das Gefühl, dass ihr alle Wünsche im Leben erfüllt werden. Nur diesmal war es anders, denn sie selber war es, die sich die Wünsche erfüllte. Und da sie immer noch mit sehr wenigem glücklich war, mangelte es ihr an nichts.

 

Sie genoss es, ihr Leben, ihr Umfeld, ja, ihre ganze kleine Welt selber gestalten zu können. Sie reno­vierte liebevoll ihr neues Zimmer, was immerhin dreimal so groß wie ihr altes Kämmerlein war, lud viele Freunde ein, restaurierte mit Gleichgesinnten ein altes Bauernhaus in ihrer Stadt  

und organisierte darin Veranstaltungen, um ihre Lebensfreude an andere Menschen weiterzugeben. Es interessierte sie nun nicht mehr, ob die anderen gut oder schlecht waren, sie glaubte an das Gute in jedem, was nur geweckt werden musste.

Doch das Leben ging schneller, als Noci vielleicht lieb gewesen wäre. Ihre Schulzeit war zu Ende, um ihre weitere Ausbildung musste sie sich nun selber kümmern. Ihr Vater war ja kein richtiger König, sie auch keine richtige Prinzessin, und der Prinz, der sie hätte frei küssen können, den gab es sicher auch nicht …

 

Eigentlich wollte sie am liebsten nur noch für die Malerei, die Kunst und den Spaß im Leben da sein. Ihr Lehrer war überzeugt, dass sie es könnte und hätte sie dabei ganz doll unterstützt. Doch Noci war zu rebellisch, um sich anzupassen und so fand sie niemanden, der aus ihren Bildern einen Beruf für sie erstellen wollte.  

Da sie ja nun keine richtige Prinzessin war und ihr Vater kein richtiger König, musste sie irgendwie ihr Geld zum Leben verdienen. 

 

Sie entschied sich zu studieren, das schien ihr der bequemste Weg. Sie würde einen Beruf erlernen, bei dem man richtig gut verdienen würde und trotzdem auch ein wenig kreativ sein könnte. Da sie nicht viel im Leben brauchte, war sie nun wieder richtig glücklich. Das Lernen brachte ihr Spaß, sie lebte mitten in einer riesengroßen Stadt, die vielen Menschen um sie herum waren offen und freundlich, sie fühlte sich frei und lebendig. Das Leben war so vielseitig.  

Und sie wollte alles erleben.  

 

Eines Tages traf Noci auf einen Mann, der auch ein verwunschener Prinz zu sein schien. Klar, gegenseitig konnten sie sich nicht erretten. Aber sie passten so wunderbar zusammen. Er trug dieselben Sehnsüchte in sich und war genauso neugierig aufs Leben wie sie. Und wenn sie zusammen waren, schien die ganze Welt zu verschwinden, dann waren es nur noch der Prinz und die Prinzessin (… wenn auch nur verwun­schene …). 

Und weil es die Natur so will, heirateten die beiden und setzten einen neuen kleinen Prinzen in die Welt.

 

Doch damit war der Zauber dann vorbei. Auch dieser kleine Prinz war kein richtiger, waren doch seine Eltern keine Könige …

Und so kam es, dass das Märchen hier platzte und Noci´s Mann loszog, um nach einer wahren Prinzessin zu suchen.

Noci wollte es lange nicht wahr haben. Prinzen tun so was nicht, auch verwunschene nicht. Gibt es gar keine Prinzen? Dann wäre sie auch keine Prinzessin, nichtmal eine verwunschene …

Für Noci war eine Welt zusammen gebrochen. Und wäre da nicht das kleine Prinzenkind gewesen, dem sie so eine märchenhafte Kindheit bereiten wollte, wie sie selber sie erlebt hat, dann wäre wohl auch Noci zusammen gebrochen.

Aber das kleine Prinzenkind schaffte, was sie früher auch geschafft hat: es machte die anderen Menschen mit seinen strahlenden Augen einfach glücklich. Und Noci ganz besonders.

 

Und weil das neue Prinzenkind noch so klein war und auch tagsüber immer noch schlief, hatte Noci nun wieder Zeit zum Malen.  

 

Und so vergingen ein paar glückliche Jahre. Noci liebte ihren Sohn. Und das Leben. Sie hatte inzwischen fertig studiert und in ihrem neuen Beruf auch einen Job gefunden. Sie konnte sich die Zeit einteilen und hatte nun so viel Geld, wie noch nie in ihrem ganzen Leben. Aber das war ihr ja auch nie wichtig. Doch es machte sie frei. 

Nur eines bedrückte sie ein wenig: Dort, wo sie jetzt wohnten, gab es keine Blumenwiesen. Eine märchen­hafte Kindheit ohne Blumenwiesen konnte sie sich aber für ihren Sohn nicht vorstellen. Auch, wenn kleine Prinzen anders sind, als sie es war, sich mehr für Autos und Maschinen interessieren, so beschloss sie, die Großstadt zu verlassen.

 

Und weil diese Geschichte ein Märchen ist, traf sie auch bald auf den nächsten verwunschenen Prinzen. Er musste sie allerdings lange umwerben, bis sie wieder daran glauben konnte, dass es so was doch noch gibt. Dass das weiße Pferd, auf dem er zu ihr ritt, in Wirklichkeit eine Enduro war, hat sie nicht weiter gestört. Vielleicht war es ja auch nur ein verwunschenes Pferd …

 

Er wohnte in einem Dorf von Feldern, Wäldern und Wiesen umgeben, ganz so, wie sie es sich für ihren Sohn immer gewünscht hatte. Die Wohnung, in der er lebte, konnte einfach um zwei Räume vergrößert werden, so dass sie auch zu dritt genug Platz darin hatten.

Nun ließ Noci ihre Heimatstadt endgültig hinter sich. Und auch die alten Freunde. Das aller­dings nicht ganz freiwillig, es war mehr so, dass ihr Prinz mit dem verwunschenen Pferd sie ganz für sich alleine haben wollte. Da sie aber insgesamt nun glücklich war, machte es ihr nichts aus. Sie wollte hier doch sowieso ein neues Leben beginnen.

Und es war wirklich alles neu für Noci. Sie hatte einen neuen Job, bei dem sie sehr geachtet wurde, ihr Sohn musste in der Schule viel nachholen, wodurch sie sehr gefordert wurde, die Dorfbewohner hatten eine Mentalität, die sie erstmal verstehen musste.

Wenn sie am Ende eines Tages mit allem fertig war, blieb ihr nicht mehr viel Kraft für Spaß und Kreativi­tät. Schnell vergingen ein paar Monate, in denen sie zwar oft erschöpft aber auch sehr glücklich war.

 

Dann verlor sie ihren Job, was sie zunächst nicht weiter störte. Geld hatten sie genug und um Noci´s Wünsche zu erfüllen, war es ohnehin nicht so wichtig.

 

Und mehr Zeit für sich hatte Noci sich öfter mal gewünscht in den letzten Monaten. 

Der Sommer kam und sie gewöhnte sich an, nach getaner Hausarbeit mit dem Fahrrad durch die Felder zu fahren und sich zu sonnen oder in einem See zu baden. So konnte sie, die sie die Sonne doch so sehr liebte, es leichter ertragen, dass sie in ihrer Wohnung nicht schien. Diese Wohnung sollte ja nur vorüber­gehend ihr Zuhause sein, denn eines Tages würde sie wie­der in lichtdurchfluteten Räumen leben.

 

Auch in ihrem Herzen schien die Sonne weniger zu scheinen. Irgendwas hatte sich geändert. Ihr Prinz war nicht mehr so liebevoll und aufmerksam zu ihr.  

Irgendwas musste ihn bedrücken. Noci weckte ihn jeden Morgen mit einem Kuss und frischem Kaffee, nahm ihm ab, was sie nur konnte, im Haushalt, bei familiären Pflichten oder auch finanziell.

Aber er schien mit sich und seinem Leben trotzdem nicht zufrieden zu sein. Schon lange träumte er davon, sein eigener Chef zu sein. Er hasste es, mit seiner körperlichen Arbeit andere reich und sich kaputt zu machen.

 

Und weil für Noci nunmal Wünsche dazu da sind, um erfüllt zu werden, ebnete sie ihrem Prinzen den Weg in die Selbstständigkeit. Die Firma brachte sofort genug Geld ein, doch richtig glücklich schien sie ihn immernoch nicht zu machen. Klar, da war ja noch die körperliche Arbeit, die würde von anderen gemacht werden müssen. Also half Noci, die Firma zu vergrößern, damit sie Arbeiter einstellen und Maschinen kaufen konnten. Und die Maschinen brauchten Platz, um untergestellt zu werden.

Nun war der richtige Zeitpunkt gekommen, um umzuziehen, da auch Noci in der sonnenlosen Woh­nung langsam depressiv wurde.

 

Sie kauften ein Haus, in dem Noci ihre geliebte Sonne und ihr Prinz genug Platz für seine Maschinen hatte.

Weil es im Märchen nunmal so ist, bekam Noci auch rechtzeitig einen neuen Job in ihrem studierten Beruf, so dass sie das Haus auch bezahlen konnten.  

 

Zum Start in ihr neues Leben gaben sie ein großes Fest. Sie luden alle Freunde, Bekannten, Verwandten sowie die alten und die neuen Nachbarn ein und feierten einen ganzen Tag und eine Nacht lang. Und als hätte sich herumgesprochen, dass ihre Türen nun wieder offen stehen, kamen auch längst vergessene Freunde sie besuchen. Sie hatten ihr kleines Paradies gefunden und teilten es gerne mit anderen.

 

Und wieder war es eine Zeit, in der für Noci viel zu tun war. Sie hatte ihren neuen Job, am Haus gab es so viel zu verändern, im Garten viel zu verschönern, in der Firma viele Aufträge zu erledigen. Aber sie tat alles gerne, war es doch die Erfüllung ihrer Wünsche. Und auch ihr Prinz schien wieder glücklicher zu sein. Stolz erzählte er überall von seinem Haus und seiner Firma.

Der Erfolg veränderte das Leben ihres Prinzen. Er war nicht mehr so unzufrieden, nun hatte er das Gefühl, jemand wichtiges zu sein.

Und Noci freute sich darüber. Nun würde alles wieder gut werden.

Aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, nicht einmal im Märchen.

Noci sehnte sich immer noch nach Aufmerksamkeit, nach dem Gefühl, als Frau begehrt zu werden.  

Ja, ihr Prinz war nun wieder glücklich und stolz, aber er war trotzdem nicht wieder so liebevoll wie damals, als sie sich kennen lernten. 

Tief in ihrem Herzen wurde Noci immer trauriger.

Und nach außen wurde sie immer fleißiger. 

 

Doch welchen Sinn würde das Leben nun noch machen? Wozu sollte sie arbeiten, putzen, bis zur Erschöpfung fleißig sein, wenn das alles ihr Herz nicht glücklich macht?

... ja, warum eigentlich ... ?  

So konnte es für Noci nicht weitergehen!

Ihr Herz wurde immer unglücklicher, ihr Körper immer erschöpfter. 

 

Sie sprach so oft mit ihrem Prinzen darüber und jedesmal versprach er ihr, sich zu bessern.

Nur leider hielt es nie lange an.

Und so vergingen ein paar Jahre ...

 

Doch eines Tages war der Moment gekommen. Noci hörte von ihrem Prinzen „dann lassen wir es eben“ und wusste, das war ihre einzige Chance. Sie stimmte zu und blieb dabei. Dieses war nicht das Leben, was sie sich immer gewünscht hat, für das sie vor so langer Zeit bei ihren Eltern ausgezogen war.

 

Und auch, wenn die Erinnerung an die schönen Momente der letzten Jahre sie traurig machte, so freute sie sich mehr auf das, was kommen würde.

Sie waren sich einig, dass sie das Haus übernehmen würde, da ihr Prinz es ohnehin nicht alleine halten konnte. Bei ihr würde das Geld zwar auch knapp werden, aber was brauchte sie schon Geld, um glücklich zu sein?

Doch bis dahin sollte es noch ein langer, langer Weg werden ...

 

Ihr Prinz bemühte sich zwar um eine neue Wohnung, nahm aber keine der Angebote an. Er blieb einfach. Noci´s Geduld ging langsam zu Ende. Sie verbannte ihn aus ihrem Bett und ging zum Anwalt, um ihm einen gütigen Trennungsvorschlag zu machen.

Doch ihre Entschlossenheit führte nur dazu, dass er sich immer mehr weigerte zu gehen. Statt auszuziehen machte er ihr das Leben zur Hölle.

 

Und so ging sie wieder zum Anwalt. Diesmal nicht in gütiger Absicht, sondern um ihren häuslichen Frieden einzuklagen. Und wieder hörte sie, was sie von der Polizei schon kannte … die Gesetze reichen nicht aus, um ihr zu helfen … es müsste schon Schlimmeres passieren. Noch Schlimmeres, als nicht mehr essen, schlafen, kochen können … !

Und so begann sie zu provozieren.

Das Risiko, ihr Leben dabei zu verlieren hatte sie täglich vor Augen. Doch was war dieses Risiko im Vergleich zu dem, nicht zu leben??? 

 

Um Beweise zu sammeln, lief Noci zuhause nur noch mit Diktiergerät unterm Pullover rum. Und endlich reichte es aus, um den falschen Prinzen mit richterlicher Anordnung vom Grundstück fern zu halten!

 

Es war Sylvester.

Noci putzte den ganzen Tag ihr Haus und beseitigte alle Spuren.

Um 0:00h stieß sie ganz alleine und glücklich mit sich selber auf das neue Jahr an. Und auf ihr Leben, was sie beinahe geopfert hätte …

 

Doch nun konnte es erst richtig beginnen.

Es dauerte noch eine Weile, bis Noci ihren inneren Frieden wieder gefunden hatte. Noch schreckte sie bei jedem Geräusch ängstlich zusammen. Nicht nur ihre Nerven, selbst ihre Wohnung war ein einziger Scherbenhaufen.

 

Aber Noci wusste, dass alles, was sie von nun an tat, wieder zu ihrem eigenen Wohlbefinden war. Und weil Noci gerne Dinge tat, arbeitete sie jede freie Minute daran, ihr Zuhause wieder schön zu machen.

Nachdem sie alle Räume renoviert und auch den Garten neu hergerichtet hatte, kehrte langsam Ruhe in ihr Leben ein. Oder war es nur die Zeit, die ja alle Wunden heilt … ?

 

Und, als hätte es sich rumgesprochen, dass ihre kleine Welt jetzt wieder in Ordnung war, bekam sie immer öfter einfach mal Besuch von Freunden oder auch nur von flüchtigen Bekannten.

Eigentlich konnte Noci nun richtig glücklich sein.

 

Sie hatte vieles, um das andere sie beneideten: ein schönes Haus, einen wohlgeratenen Sohn, einen gut bezahlten Job. Und obendrein war sie auch noch jung, sportlich, unabhängig.

 

Und trotzdem …

Ja, sie fühlte sich richtig wohl und vom Leben reich beschenkt. Aber irgendwas fehlte. Sie konnte nicht sagen, dass sie einsam war, auch nicht, dass ihr der Sex fehlte, … aber irgendwas war da, was sie vermisste. War es vielleicht das Gefühl, für jemanden das wichtigste auf der Welt zu sein? … und wenn es nur für den Moment wäre …

 

Noci ahnte, dass das, was sie suchte, nur bei einem Mann zu finden war, denn alles andere hatte sie schließlich selber.

Also begann sie ganz gezielt, neue Männer zu treffen, obwohl sie sich doch eigentlich nie wieder an einen binden wollte ...

 

Sehr schnell merkte sie dabei, dass es nicht so leicht ist, einen Mann zu finden, der ihr das gibt, von dem sie nichtmal wusste, was es war. Aber diese Treffen brachten ihr Spaß und so machte sie einfach weiter. Eines Tages traf sie dabei auf einen Mann, mit dem es wieder versprach, ein netter Abend zu werden. Sie fühlte sich einfach wohl bei ihm und konnte sich so geben, wie sie war.

 

… bis er sie dann küsste …

 

Was war das? Wieso durchzog es sie dabei durch den ganzen Körper?

Ihr Verstand rebellierte, wollte nicht, dass sie sich einfach hingibt und ihre Unabhängigkeit aufgibt.

 

Aber ihr Herz war stärker.

Zum Glück, denn diesmal war es ein richtiger Prinz, der Noci geküsst hat. Nun war sie endlich gerettet!

 

Sie wusste nun wieder, dass sie doch eine richtige Prinzessin ist.  

Und wie es sich für eine richtige Prinzessin in einem richtigen Märchen gehört, hat sie ihren Prinzen ganz in weiss geheiratet und märchenhafte Flitterwochen mit ihm verbracht.

 

Nur, auch im Märchen geht das Leben weiter. Noci stellte fest, dass alles gleichzeitig viel zu viel für sie war: ihr Job, ihr Haus, ihr Sohn, ihr Garten, ihr neuer Prinz, sein Job, sein Haus, sein Garten. Das musste sie irgendwie neu sortieren.

Und so kam es, dass Noci ihren Job aufgab, ihr Haus ihrem Sohn überließ und zu ihrem Prinzen zog. Als sie dort ihre Köfferchen auspacken wollte, entdeckte ihr Prinz die Mappe mit den alten, gemalten Bildern von Noci. Erst traute er seinen Augen nicht, dann hing er sofort einige davon an die Wände. Und dann wünschte er sich ab und zu ein neues Bild von Noci.

 

So kam es dann, dass Noci sich wieder Farben kaufte, ab und an wieder malte und sich daran erinnerte, wie viel Freude sie den Menschen um sich herum mit ihren Bildern machen konnte. 

 

Und da sie ja eine richtige Prinzessin ist, bauten sie aus ihrem Haus nun ein richtiges Märchenschloss, natürlich mit einem Malzimmer für Noci.

Dort konnte sie sich nun besonders im Winter, wenn die Sonne kaum scheint, zurückziehen und ihre bunte Bilderwelt weiter wachsen lassen.

 

Ihrem Prinzen gefiel, was Noci dort malte und voller Stolz zeigte er die Bilder jedem, der zu ihnen ins Märchenschloss kam.  

 

Und weil die Wände bald nicht mehr ausreichten, um alle Bilder aufzuhängen, baute Noci sich in der großen weiten Welt eine virtuelle Galerie, in der sie ihre Bilder zeigen kann. 

 

… und wer bis hier gelesen hat, der weiss dass die kleine Prinzessin Noci nur eine von meinen Facetten ist ...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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